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Eine Warnung auf Lebensmittel „Dieses Produkt kann Spuren von Nüssen enthalten.“ ist mittlerweile Gesetz und selbstverständlich.

Vor ein paar Jahren hat mir eine Freundin eine Postkarte geschenkt mit dem Spruch: Das Leben kann Spuren von Müssen enthalten. Sofort begann ich zu lächeln, wir hatten viele Gespräche über das kleine Wörtchen „Müssen“ mit seiner riesigen Macht über den Menschen.

Aber warum hat dieses Wort so viel Macht? Im Grunde ist es ganz einfach, leider nicht simple. Es ist der Feind des freien Lebens. Das Wort verwandelt Wünsche in Gesetze – Bitten in Forderungen, Träume in Alpträume und verführt unsere Aufmerksamkeit in die Welt des irrationalen Denkens.

Es spiegelt die Gesetze im Kopf wieder, was getan werden darf und was nicht.

Diese Gesetze im Kopf entscheiden, wie wir uns fühlen und wie wir anderen Menschen begegnen. Sie entscheiden, ob wir uns passiv, gleichwertig oder aggressiv verhalten. Sie sind ein ständiger Begleiter und verbrauchen fast alles an Aufmerksamkeit, was da ist. Aufmerksamkeit für das Umfeld bleibt meist auf der Strecke.

Wie es dazu kommen kann?

Stellen sie sich vor, sie wachen morgens auf, sitzen beim Frühstück und sehen die Wand an. Was sie sehen, gefällt ihnen überhaupt nicht. Die Wand ist einfach nur weiß! Sind doch graue Wände gerade in Mode. Und nun stellen sie sich vor, sie würden sich nun selbst sagen: „Die Wand muss sofort grau sein!“

Wenn sie so mit sich sprechen, was macht das mit ihnen? Ich bin überzeugt, sie werden nur noch diese weiße Wand sehen. Sie werden ihre Aufmerksamkeit exklusiv dieser nicht grauen Wand widmen. Und jede weiße oder graue Wand wird sie daran erinnern. An diese Wand, die leider nicht sofort grau werden wollte. Es fehlt nicht viel und sie beschimpfen die Wand.

Sie vergeuden ihre Zeit und Energie, da es kein Mittel in der Welt gibt, die ihnen dabei hilft, die Wand mit Zauberkräften in grau zu verwandeln. Der innere Dialog, dass die Wand sofort grau sein muss, hat keinerlei Nutzen. Was könnte man alles, mit dieser wertvollen Zeit anstellen.

Aufgeladen durch nutzlose Gedanken, die sie ein wenig säuerlich gemacht haben, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie nicht gerade zum Lieblingsmenschen der Umwelt werden. Stellen Sie sich einfach das Gesicht ihres Partners vor, wenn sie erzählen, wie frech die Wand ist und einfach nicht spontan grau sein wollte…

Genau das passiert, wenn wir aus Wünschen Gesetze machen. Wir reagieren starr und unangemessen auf Situationen. Wir unter- ober überbewerten Dinge. Wie ein kleines Kind, dass sich auf den Boden wirft, weil es sofort ein Eis möchte. Und es sich um das Eis bringt, da es ja nicht zur Eisbude laufen kann, auch wenn sie nur 200 Meter entfernt ist.

Die Beispiele sind anschaulich und die meisten geben mir in diesen Fällen recht, dass es kindisch und unangemessen ist, sich so zu verhalten. Was hat das nun wieder mit den eher harmlos wirkenden „Müssen“ im Alltag zu tun. Weil die meisten Müssen, genau so wirken, nur scheinbar ohne die extreme Verhaltensauffälligkeiten. Energie vergeuden Sie dennoch und vergiften das Miteinander.

Halten Sie inne und denken darüber nach, welche Folgen die nachstehenden Beispiele haben:

  • Mir darf kein Fehler passieren! Wenn mir das passiert, dann bin ich ein Versager.
  • Wie schrecklich, ich kann es nicht ertragen, mit diesem furchtbaren Menschen zu sprechen.
  • So geht man mit Menschen nicht um. Der darf mich nicht anschreien.
  • Was für eine Katastrophe, wie der sich verhält.
  • Das geht wohl garnicht, wie der sich benimmt.
  • Das Leben ist kein Zuckerschlecken. (Es muss schwer sein).

Also wie kommen wir aus der Muss-Falle raus. Indem wir lernen, anders mit uns zu sprechen. Die Grundformel für die Umformulierung besteht für mich aus drei wesentlichen Teilen. Meinem Wunsch, den Fakten plus gesundes Gefühl und warum ich akzeptiere, dass es nicht sofort so sein muss, wie ich es haben will.

Ich wünsche mir, dass mir kein Fehler passiert. Fakt ist, heute ist mir ein Fehler passiert. Eine sehr unangenehme Situation für mich. Aber ich bin eben auch nur ein Mensch und Menschen sind eben keine Computer.

Es geht also darum, ein neues Denksystem aufzubauen, dass als Fundament die Selbst- und Fremdakzeptanz hat. Ein Fundament, dass es erlaubt, liebevoller mit sich und anderen umzugehen. Ein Fundament, dass Platz hat für Fehlbarkeit. Jeder kann seine eigene Entscheidungen treffen und dann auch die Konsequenzen selbst tragen. Wir verzichten auf Hobbyjustiz und lassen den Menschen sein, wie er ist.

Mit diesem Fundament kritisieren Menschen das Verhalten von anderen Menschen, sie respektieren jedoch ihr Gegenüber, da der Wert eines jeden Menschen unantastbar ist. Und das ist doch, was wir uns alle Wünschen. Das wir selbst entscheiden, wie wir sein wollen.

Denken Sie nicht auch, dass die Welt ein wenig besser ist, wenn wir öfter mal auf Müssen verzichten?