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Vor ein paar Tagen habe ich meinen letzten Artikel über LinkdIn geteilt und einen Kommentar erhalten, über den ich seither nachdenke:

Dass Menschen, falls sie überhaupt über Stärken sprechen, eher mitteilen, welche Stärken sie von anderen erwarten.

Ich teile diese Beobachtung: Menschen neigen dazu, anderen subtil mitzuteilen, was sie von ihnen erwarten und lassen ihnen wenig Raum, Dinge in ihrer Art zu machen. 

Oder wie Watzlawick es so schön in seinen Buchtitel ausgedrückt hat: Wenn Du mich wirklich liebtest, dann würdest Du Knoblauch essen…!

Das Dilemma, welches dadurch entsteht ist, dass Menschen auf der einen Seite für ihre besondere Stärken und Fähigkeiten wertgeschätzt werden möchten, auf der anderen Seite wir als Mensch unterbewusst davon ausgehen, dass andere Menschen so ticken wie wir selbst!

Wenn ein Mensch eine Aufgabe nicht so erledigt, wie wir es tun würden, dann folgern wir sehr oft daraus, dass er nicht will oder einfach unfähig ist! Wir vergessen, dass es bei der Erledigung von Aufgaben viele Wege gibt und unser eigener Weg nicht immer der einzig wahre Weg ist. Also für uns selbst schon, aber für andere Menschen eben nicht. 

Jeff Weiner hat über dieses Thema sehr offen und sehr einleuchtend in einem Interview gesprochen. Er wurde von Gayle King in einem Interview befragt, warum er glaubt, dass er zum dritten Mal in Folge von über 100 Prozent seiner Belegschaft überdurchschnittlich bewertet wurde. Seine Worte haben mich beeindruckt: Er hat seine ganz persönliche Geschichte erzählt, als er erkannte, dass sein Chef von einem Mitarbeiter erwartete, dass er die Aufgaben so erledigen sollte, wie er es tat. Er sprach ihn darauf an und sein Chef war dankbar für seine offenen Worte. Er selbst erkannte danach, dass er es nicht wirklich anders machte und veränderte sein Führungsverhalten. Er nahm sich vor, den Mitarbeitern mehr Raum zu geben für ihre Art, die Dinge zu erledigen; erlebte, dass dies ein guter Weg ist. 

Und dennoch kein einfacher Weg. Er selbst erzählt in dem Interview, dass er zwei Mal pro Tag sich zurückzieht, um Achtsamkeitsmeditationen macht, um anderen Menschen diesen Raum geben zu können. 

Das hat mich beeindruckt. Wir haben alle unsere Vorlieben und in diesem Interview wird klar, dass wir eher geneigt sind, unsere Vorlieben als die Normalität anzusehen. Und vor allen Dingen wird klar, führen bedeutet, dass wir uns in unserer Art ganz oft zurücknehmen müssen. 

Ich finde, dass Watzlawick es wieder mal mit einem Satz auf den Punkt gebracht hat und in der Geschäftswelt begegnen wir (und nicht nur Führungskräfte) anderen Menschen mit der Einstellung, dass sie doch bitte mal anfangen sollten, gerne Knoblauch zu essen und die Dinge so tun sollten, wie wir es selbst tun würden. 

Wäre es nicht wunderbar, wenn wir endlich aufhören zu erwarten und zu fordern? Und damit beginnen, zu fragen?